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Startseite » Fiction Zone » GURKENTRUPPE » Liebe auf Italienisch

GURKENTRUPPE: Liebe auf Italienisch


In einem kleinen Vorratsschrank, beinahe unbemerkt zwischen den anderen Möbeln, lebte ein Mann im besten Alter. Er war eine Pfefferschote, und sein Name war Herr Gute. Manche sagten Herrn Gute nach, er sei ein Roter. Dagegen verwahrte er sich auf das Heftigste.
„Ich bin aus dem Süden“, sagte er stets, „aber dafür kann ich nichts.“

Herr Gute, seit geraumer Zeit verwitwet, hatte drei Töchter. Marie, Ute, die von allen jedoch nur Prinzesschen gerufen wurde, und Cindy. Herr Gute hatte es nicht leicht mit seinen Töchtern. Das Pech klebte an Marie wie ein Schatten. Cindy verlor immer alles, und Ute kannte keinen Respekt.
„Setz’ dich nicht auf die Erbse, Prinzesschen! Das macht man nicht.“ Herr Gute liebte gutes Benehmen. Diese Umgangsformen und sein südländisches Temperament machten Herrn Gute bei den Damen sehr beliebt.
„Ist er nicht stattlich?“ fragten sie hinter vorgehaltener Hand.
„Ja“, seufzten andere, „und scharf ist er auch.“

Natürlich genoss Herr Gute die Aufmerksamkeit der Damen. Eine Knoblauchzehe machte ihm schöne Augen, und eine Olive suchte jeden Tag aufs Neue seine Nähe. Doch Herr Gute interessierte sich für eine spröde Petersilie. Grün und zart verbarg sie sich vor den anderen.
„Schüchtern“, sagten die einen.
„Blöd“, sagten die anderen.
„Da kann man was machen“, meinte das Prinzesschen und nahm sich die Petersilie einmal vor. „Brust raus, Hintern raus, Haltung, steh’ gerade, in den Hüften wiegen. Wiegen! Nicht biegen! Augenaufschlag. Taschentuch fallen lassen. Nein, so nicht. Cindy, zeig’ ihr, wie man das macht.“
Cindy tat es und weg war das Taschentuch.

„Ankleiden ist ebenso wichtig wie das Ausziehen“, sagte Prinzesschen. „Zeig’, ob du das kannst.“
Die drei Töchter aus gutem Hause schauten zu, wie die Petersilie die Hüllen fallen ließ.
Eine Zwiebel kam des Weges, sah das Desaster und sprach: „Was soll das sein? So geht das! Und? Gesehen? Natürlich nicht! Es sieht ja nie einer zu!“

Die Zwiebel entblätterte sich so professionell, dass es den drei Mädchen die Tränen in die Augen trieb. Ute trocknete die Tränen, Cindy konnte nicht, weil sie ihr Taschentuch verloren hatte. Marie rieb sich die Schnute, nicht wegen der Zwiebel, sondern weil sie sich die Lippen von einem Kurpfuscher hatte aufspritzen lassen, der in Wirklichkeit ein Salzstreuer war.

Es kam der große Tag. Herr Gute sollte zum ersten Mal Fräulein Petersilie ausführen. Er hatte seinen grünsten Hut aufgesetzt, den Bart gestutzt, doch als er die Enden des Bartes zwirbelnd ihren Treffpunkt betrat, stutzte er wirklich. Direkt am Eingang wurde er abgefangen. Herr Gute hatte sie zuerst für Schwestern von Fräulein Petersilie gehalten.
„Estragon“, stellte die eine sich vor.
„Basilikum“, sagte die andere.

Beide führten ihn zu Tisch, doch wie wunderte es ihn, dass dort schon so viele versammelt waren. Fräulein Petersilie, die Knoblauchzehen, die Oliven, die schwarzen und ein paar gewitzte grüne, auch die Zwiebel war da. Seine Töchter saßen an einem anderen Tisch und beobachteten alles.
„Fünf Minuten für jedes Gespräch“, sagte Estragon.
„Dann gehen Sie zur nächsten über“, fuhr Basilikum fort. „Wir dürfen uns an dieser Stelle verabschieden. Wir gehören nicht hierher, bleiben allerdings diskret im Hintergrund.“

Wie modern, dachte Herr Gute und machte ebensolche Miene zum neuen Glück. Es verläuft recht originell, meinte Herr Gute. In der Folge wurde ihm auch immer heißer, während das Licht mehr und mehr erlosch und sich der Abend näherte. Schließlich war er so erschöpft, dass er sich zurücklehnte. Herr Gute knöpfte die Jacke auf, und einige Knöpfe fielen sogar ab. Das drehende Gefühl danach schrieb Herr Gute der aufkeimenden Liebe und einem leichten Schwips zu.

Ende gut, alles gut, dachte er. Doch Herr Gute irrte sich, denn die Moral von der Geschichte ist eine andere: Nicht alles Gute kommt von oben und aller guten Dinge sind auch nicht drei, wenn das dicke Ende noch folgt.

[ mn ]


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