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Startseite » Fiction Zone » DER KLEINE KRIEGER » Der Unterhandel #4

DER KLEINE KRIEGER: Der Unterhandel #4


"Ich wünschte, du könntest mir Rudern helfen", zischte Hutzel angestrengt zwischen den Zähnen hindurch. Einige zusammengebundene Baumstämme dienten als behelfsmäßiges Boot.
Keinfussabhand lächelte unergründlich.
"Ja, ja, ich weiß, du hast nur eine Hand. Das ist eine ganz billige Ausrede", keuchte Hutzel.
Habe ich etwas gesagt, dachte der Walddämon.
"Du könntest wenigstens etwas tun, irgendwas!" Das Boot kam so eben gegen die Strömung an. "Ich kann wirklich Hilfe brauchen, mir geht die Kraft aus!"
Der Walddämon schmiegte sich an den Rücken des kleinen Kriegers.
"Keinen Trost, Kraft!"
Keinfussabhand hüpfte an das Heck des Bootes und tauchte das stachelbewehrte Schwanzende in die Wellen. Schnell wedelte er damit unter Wasser hin und her. Es half ein wenig. Der kleine Krieger konzentrierte sich mehr auf das Fortkommen, als auf den puren Widerstand.
Auf und ab ging es. Das Wasser überspülte die Baumstämme. Durch schlichtes Glück verblieb Hutzel Longear auf dem Boot und rutschte nicht herunter.
Von Seiten der Umrak hielt es keiner für nötig zu Hilfe zu eilen. Sie hielten sich vom Ufer fern. Hinter den beiden Freunden auf der Insel beobachteten die Tchok das Geschehen, dachten aber auch keinesfalls daran durch ihre Kraft eine sichere Überfahrt zu gewährleisten.
Vulkangott hilf, betete Hutzel. Die wollen nicht, dass ich ihnen helfe. Sollen die Feuerwächter sie holen! Warum gebe ich mir die Mühe?
Eine mächtige Welle schüttelte das Gefährt durch.
"Streng dich an, Ka! Wir saufen sonst hier ab!" Hutzel wechselte das Paddel auf die andere Seite, gleichte mühsam die Richtung aus, damit sie nicht in eine unkontrollierte Drehung verfielen. "Stärker, stärker! Wir haben es nicht mehr weit!"
Der Walddämon sonderte einen dünnflüssigen Schleim ab. Sein Körper erhitzte sich zu stark und Hitze war nicht die angenehmste Temperatur für einen seiner Art. Er imitierte weiterhin den seltsamen Antrieb, den die beiden bei einem genialen Erfinder der Vampirelfen entdeckt hatten. Es gelang. Die Entfernung zum Ufer schrumpfte in sich zusammen.
Dort trat Umrak aus der Deckung seiner Volksgruppe hervor. Auf seinen sechs Beinen verharrte er düster starrend, eine weitere Statue, nur wegen seiner charakteristischen Färbemerkmale zu identifizieren. Hutzel konnte nicht anders. Er schalt sich einen Narren, für dieses Volk einzutreten.
Das Boot knirschte über den ansteigenden Boden des Flusses. Diese hoffnungsvollen Geräusche gaben dem kleinen Krieger einen letzten Ansporn. Er paddelte schneller und wilder als zuvor. Endlich lief das Boot auf den Ufergrund. Zwar riss die Strömung noch an dem Gefährt, konnte ihm jedoch auf kurze Sicht nichts anhaben. Hutzel schwang sich auf die Füße, warf das Paddel das Ufer hinauf und sprang in das für ihn noch knietiefe Wasser.
Keinfussabhand hüpfte an ihm vorbei, während der kleine Krieger an den Stämmen zerrte und so das Boot weiter in Sicherheit brachte. Vor einem neuerlichen Übersetzen graute ihm jetzt schon. Er rieb sich die wunden Hände, zupfte an einigen Splittern, die vom Paddel hineingetrieben worden waren. Die Unannehmlichkeiten würden keinem Vergleich zu den Anstrengungen, die ihm noch bevorstanden, standhalten.

"Was heißt, du hast gewusst, die Tchok würden mit mir kämpfen wollen, bevor sie mich als Unterhändler akzeptierten?" Hutzel schritt aufgebracht vor Tl'umrak auf und ab.
"Ich habe es vermutet. Gewusst habe ich es nicht. Unterhändler gab es bei uns noch nie. Und es gab erst recht keine, die nicht den Djeloscha entstammen. Unser Misstrauen den Weichwesen gegenüber ist viel zu groß."
"Was erwartest du von mir? Misstraust du mir auch?"
"Ich misstraue dem kleinen Krieger nicht", entgegnete der Umrak müde. "Ich sehe in ihm einen unerwarteten Freund. Djeloscha sind Freunde anderer Völker fremd. Wir sind so anders als Weichwesen. Ansiedlungen deiner Art sind so weit entfernt, dass wir seit vielen Generationen keine gesehen haben. Wir haben es selbst so gewollt. Das Kollegium wollte es so." Tl'umrak machte eine bedeutungsschwere Pause. "Ich vermute, der Niedergang der Tchok, Umrak und anderer hängt mit diesem Umstand zusammen. Unsere Erinnerungen berichten von den Zeiten, als wir Sklaven waren. Es erging uns schlecht, doch niemals danach war mein Volk größer an der Zahl. Schuld daran waren nicht die Verluste durch die Rebellion. Diese waren nur gering, so gering wie bei allen Djeloscha."
Hutzel wartete.
"Unsere Herren haben uns nichts Lebensnotwendiges gegeben, sie haben immer genommen. Ich habe lange nachgedacht, aber es gibt dort nichts. Alle Djeloscha des Kollegiums haben nachgedacht."
"Wie lange habt ihr nachgedacht? Einen Tag oder zwei?" Hutzel machte seinem Zorn Luft.
Tl'umrak, dessen Gefühle infolge seines Alters einen Schock benötigten, um aufzuwallen, blieb ruhig. "Wir haben sehr lange nachgedacht. Länger als ein Lebensalter eines Weichwesens."
Die Umrak um ihn herum klackten mit ihren Kiefern. So mancher rieb die Kriegshörner ihrer Köpfe gegen einen Stein. Vielleicht wollten sie so ihre mächtigste Waffe schärfen.
Hutzel setzte sich und versank in dumpfes Brüten. Schließlich schaute er auf. "Was bedeutet: Zwei sind eins?"
"Es ist eine Legende. Aus den Tagen, als die Djeloscha Verbindungen eingegangen sind. Das ist sehr lange her. Es hieß, wir seien voneinander abhängig. Es hieß, es gebe weder Krieger, Arbeiter noch Gebärende. Es hieß, wir wären eins gewesen in unterschiedlicher Form. Die Djeloscha halten diese Form des Lebens für unmöglich und das Gedankengut eines Greises."
In die Reihen der Umrak geriet Bewegung. Große schwarze Augen blickten hektisch hin und her, Wortfetzen schlugen über dem kleinen Krieger zusammen, so dass er nichts verstehen konnte.
Er sprang auf die Füße. Hinter den gewaltigen Köpfen der Umrak tat sich etwas auf den Hügeln. Am anderen Ufer formierten sich die Reihen der Tchok neu. Hutzel sah Mon'Tchok in die Luft deuten.
"Was ist los?"
Flinke Schatten sausten sirrend und brummend über die Heere beider Seiten hinweg. Die Geräusche wurden ohrenbetäubend.

Wird fortgesetzt.

Quelle: Der kleine Krieger

[ mn ]


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