DER KLEINE KRIEGER:
Der Unterhandel #3

Die verbliebenen vier Tchok schlossen zu ihrem Anführer auf. Möglich, dass sie dem Dialog besser folgen wollten, möglich auch, sie hatten vor, ihm beizustehen, weil die Verkündung des kleinen Kriegers ungeheuerlich schien.
Hutzel brach der Schweiß aus. Die Tchok hatten ihn und Keinfussabhand vollständig umringt. Ein Entkommen war undenkbar. Der kleine Krieger wägte kurz die Überlebenschancen ab, schätzte, wie weit Keinfussabhand seinen Unterkiefer auszuhängen vermochte, um alle fünf aufzufressen. In diesem besonderen Fall jedoch würden auch alle Magensäcke des Walddämonen nicht ausreichen. Nicht einmal für einen der Insektoiden.
Mon'Tchok wandte sich nun dem Walddämonen zu, der seine Aufregung hinter seinen stetig hinterlistig glimmenden Augen verbarg. Fühler streiften die Hand auf Keinfussabhands Kopf, betasteten die blasenartigen Auswüchse seines Wurmkörpers.
Der kleine Krieger nahm einen seltsamen Geruch wahr, nicht zum ersten Mal in diesen Tagen, und er vermutete mehr und mehr, dass es sich dabei um eine weitere Form der Kommunikation unter den Djeloscha handeln mochte. Oft variierten sie zwischen beißend und süßlich, aber die Situationen hatten ihm keinen Rückschluss gegeben, ob es sich vielleicht um eine Gefühlsäußerung der Djeloscha handelte. Hutzel hatte Gerüche in ähnlicher Form bei Fandos, Katzen und Eisriesen erfahren und nie hatten sie etwas Gutes verheißen.
"Zwei, die eins sind", flüsterte es von allen Seiten. "Zwei, die eins sind." Die nächste Handlung der Tchok kam völlig unvorhergesehen. Die übrigen vier senkten ihre Waffen.
Geistesgegenwärtig stellte sich Hutzel auf die veränderte Situation ein. "Was ist nun? Müssen wir immer noch kämpfen? Oder nehmt ihr mich als Unterhändler an?"
Für den kleinen Krieger unendlich langsam traten die vier Tchok mehrere Schritte zurück, und Mon'Tchok breitete die oberen Extremitäten aus. "Es gibt keinen Zweifel mehr daran, dass du würdig bist zwischen den Tchok und den Umrak zu vermitteln." Auch der Anführer nahm seine Waffe an sich. Seine Kiefern bewegten sich wie zu unhörbaren Worten. Lange ruhten seine Augen auf den beiden ungleichen Freunden. "Wisse aber, dass die Tchok an einem Erfolg deiner Mission zweifeln. Nie hat es ein Abkommen gegeben, um einen unbegründeten Frieden zu erreichen. Ich verspreche dir, wir werden geduldig sein. Vielleicht überraschst du uns."
Ich hoffe es, dachte Hutzel aufatmend. "Ich werde euch nicht enttäuschen", sagte er. Der kleine Krieger ließ seine Arme sinken, die inzwischen zittrig geworden waren.
Keinfussabhand gab seinen verkniffenen Gesichtsausdruck auf. Er hatte nichts gegen einen Kampf, ja, er fühlte sich sogar einem Gegner wie einem Fando gewachsen, doch hier hätte er an die Grenze gehen müssen. Fast fürchtete er, seine dämonischen Qualitäten hätten nicht ausgereicht. Sein Schnaufen war selbst für Hutzel nicht zu deuten.
Hutzel Longear senkte ehrfürchtig den Kopf, entfernte sich langsam rückwärts und zog den Walddämonen mit sich.
Die Verhandlungsaufnahme mit den Umrak musste sich einfacher gestalten, allerdings fürchtete er auch, sie würden ebensowenig von ihren althergebrachten Regeln abzubringen sein. Für Kompromisse gab es in dieser Gesellschaft keinerlei Grundlagen. Aber es musste eine Lösung geben, es musste einfach. Hutzel war des Krieges müde geworden. In den vergangenen Jahren waren nicht nur Freunde gestorben.
Völker waren zerbrochen, Reiche untergegangen. Leid, Elend unter Kindern der Dreggen, der auferstandenen Kröten, Kämpfe der Vampirelfen und Katzen gegen die Eisriesen. Unsagbare Greuel der Drachen- und Feen-Allianz gegen die dunklen Horden von Tshenja'Nat. Magische Explosionen, ausgebrannte Dörfer und Städte, Vertriebene, Piraten und Marodeure, die sich über die Reste von einst stolzen, unbeugsamen Wesen hermachten.
Hätte er nicht die Liebenden gesehen, enge Freunde wie Wakassi und Nedani, nach langer Trennung wieder vereint, hätte er nicht Gefährten gehabt, Rotan und Feeial und allen voran natürlich Keinfussabhand, sprachlos und treu, wäre seine eigene kleine Welt lebensunwürdig gewesen, hätte er keinen Grund gesehen, Begegnungen mit anderen Wesen auch nur die geringste Aufmerksamkeit zu schenken.
Wird fortgesetzt.
Quelle: Der kleine Krieger
[ mn ]

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