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Startseite » Fiction Zone » DER KLEINE KRIEGER » Geisterjagd #10

DER KLEINE KRIEGER: Geisterjagd #10


Hutzel verschaffte seinem Freund Keinfussabhand eine kleine Verschnaufpause. Vor ihm saß der Geist im Sand, robbte mit jedem Schlag, den der kleine Krieger führte, ein Stück weiter weg. Hutzel folgte ihm verbissen. Er hatte sich darauf verlegt, die geschliffene Seite seines Schwertes zu verwenden. Der Geist wehrte die Schläge nur halbherzig mit seinen Armschienen ab. Aber Hutzel gab nicht auf. Schlag kam auf Schlag. Schweißtriefend vor Anstrengung und Schmerz beschaffte er dem gleichfalls erschöpften Walddämonen mehr Zeit zur Regeneration der Kräfte.
Sie änderten die Richtung dahin, wo Rotan sich ins Getümmel gestürzt hatte und den Anführer der Grimmschis einerseits und gelegentlich andere Feinde andererseits mit dem Mute der Verzweiflung bekämpfte. Die ins eigentliche Kampfgeschehen verwickelten Grimmischis bemerkten den sich anrobbenden Geist zuerst nicht.
Die anderen jedoch, die am Rande der Auseinandersetzung standen und immer noch ihre Keulen schwangen, entdeckten die blasse Gestalt. Sie teilten die unausgesprochene Meinung ihres Anführers nicht, es mit einem wahrhaftigen Gegner zu tun zu haben. Die Gestalt leuchtete von innen heraus weiß, und der Fenstersturz hatte ihr nichts ausgemacht. All dies ließ für die abergläubischen Grimmschis nur einen Schluss zu: Dieser Mann war ein Geist! Und Geister bekämpfte man nicht. Man floh vor Geistern. Erst noch zögerlich steckten einige ihre Waffen in die Schlaufen an ihren Gürteln zurück. Andere warfen sie sogleich von sich. Wer mutiger war, drängte sich näher an das Kampfgeschehen mit dem Dreggen, hielt sich aber außerhalb der Reichweite seines Schwertes.
Rotan bedrängte den Anführer der Grimmschis immer weiter, und er war zuversichtlich, diesen Feind zu besiegen. Der Sklavenjäger war bestimmt ein guter Kämpe, doch im Kampf Mann gegen Mann hatte er noch viel zu lernen. Seine Verteidigungsschläge gerieten während der Auseinandersetzung immer langsamer. Die Keule hatte dem wohl geschmiedeten Schwert nichts entgegen zu setzen. Hölzerne Splitter und abgebrochene Dornen lagen auf dem Boden.
Wenig später erreichte auch Feeial den Sand. Eilig schloss sie sich dem Kampfgefährten an. Gemäß ihres schlechten Gewissens bezog sie unweit von Rotans linker Seite Stellung und wehrte die zaghafteren Angriffe der Sklavenjäger ab, damit der Dreggen sich seinem wichtigen Gegner uneingeschränkt zuwenden konnte. Rotan gewann weiter an Boden. Er schritt vor, während der Grimmschi zurückwich.
Die Reihen der Feinde lichteten sich deutlich. Einige der Grimmschis waren bereits in der Dunkelheit verschwunden. Das Schnauben und hustende Meckern ihrer Reittiere verriet, dass sie ihr Heil in der Flucht suchten.
Feeial kämpfte mit vor Konzentration gefurchter Stirn. Sie nutzte jeden Fehler des Gegners, jede in zahlreichen Jahren erlernte Taktik. Und sie lehrte den Grimmschis das Fürchten. Rotan tat es ihr nach. Die anfängliche Kampfeslust des Feindes schlug in alleinige Verteidigung um. Auch sahen sie, was im Rücken der beiden Freunde zuging.
Dort wo der Geist des Gardan'Gre tiefere Wunden durch die Bisse des Walddämonen davongetragen hatte, traten Lichtstrahlen speergleich aus, beleuchteten den kleinenrothaarigen Wicht, der energisch zuhieb und nicht nachließ. Da geschah es. Hutzel Longear gelang es, dem Geist den Helm vom Kopf zu schlagen. Sie flog über die Häupter von Rotan und Feeial hinweg und landete direkt vor den Füßen der Grimmschis.
Es gab einen grellen Blitz, der die Kontrahenten auseinander trieb und blendete.
Alle standen still, wo sie waren, die Grimmschis, Feeial und Rotan. Der kleine Krieger blickte entsetzt auf den Schädel des Gardan'Gre. Dort tat sich eine handtellergroße Öffnung auf. Darin war nichts als magisch schillerndes Licht! Die Aussicht kam dem Anblick eines leeren Gefäßes gleich, an dessen Grund sich ein ganzes Meer befand. Tief drinnen wallte ein Knäuel aus winzigen Blitzen und wabernden Lichtfetzen, die aussahen wie eine komplette fremdartige Welt. Magie! Pure Magie, gegen die ein sterblicher Krieger hilflos war. Entgegen aller Erwartung breitete sich auf dem Gesicht des Geistes der Ausdruck einer nie da gewesenen Glückseligkeit aus.
Der Helm verging, Rauchwölkchen zurücklassend.
Die Grimmschis, allen voran der Anführer, liefen davon, noch bevor sich der letzte Rauch verzogen hatte. Die Vampirelfe und Dreggen schauten den Sklavenjägern ratlos hinterher. Beide drehten sich um. Das Licht im Inneren des Geistes, jetzt jeglichen Widerstandes beraubt, brach sich durch die Öffnung im Schädel seine Bahn, ein Leuchtfeuer an grellen Farben, lautlos und schnell. Der Festungshof erstrahlte wie bei Tageslicht, dennoch blieb die nächtliche Kälte. Wo Wunden weitere Öffnungen geschaffen hatten, entstanden Risse in der Haut des Geistes, brachen Panzerung und Schutzschienen. Der Oberkörper des Geistes fiel auf den Sand zurück. Seine Gestalt wurde zu einem einzigen Behältnis aus Licht. Die umstehenden Freunde bedeckten ihre Augen, sogar Keinfussabhand senkte den Kopf, um dem grellen Strahlen zu entgehen.

***

"Blüten? Er hat Blumenblüten bewacht und Essgeschirr?"
"Für ihn muss es ein unglaublicher Schatz gewesen sein", verteidigte Feeial den vergangenen Krieger der Gardan'Gre. "Stell dir vor, ein Volk vergeht, seine gesamte Kultur, seine Götter, alles, was einstmals wichtig war, fällt dem Vergessen anheim." Sie wollte etwas anderes sagen, weil sie von ihrem Gewissen geplagt war, fuhr jedoch fort: "Wäre es nicht ein Versprechen über den Tod hinaus wert, diese kleinen Reste von Stolz zu bewahren."
Rotan rümpfte die Nase. "Dieser Stolz stinkt. - Man bewahrt seinen Stolz anders. Aufrecht, tapfer und sieht den Konsequenzen ins Auge. Ich vermute, es war einer jener bösen Scherze ihres Gottes. Gre war seit jeher gemein und hatte nie das Wohl seines Volkes im Sinn." Er dachte einen Augenblick lang nach. "Wie eigentlich jeder Gott, den ich kenne." Rotan schwieg.
"Ich muss dir noch etwas sagen", sagte Feeial mit leiser Stimme. "Ich …"
"Du bist rechtzeitig eingetroffen!" unterbrach Rotan sie barsch. Und nach einer betretenen Pause: "Und es ist gut zu wissen, dass auch Vampirelfen unbedacht handeln können. Ich wäre sonst sehr enttäuscht gewesen."
"Lächelst du vielleicht?" Feeial sah ihn forschend von unten an.
"Und du sollst noch wissen, dass ich es auch alleine geschafft hätte. Wir Dreggen sind durchaus in der Lage einen Kampf ohne Hilfe zu meistern."
"Du lächelst ja!" rief die Vampirelfe aus und knuffte den Dreggen gegen den Brustkasten.

Derweil saß Hutzel neben seinem Freund Keinfussabhand. Dieser schien sich zügig zu erholen. Seine Haut zeigte eine deutlich gesündere Farbe als noch vor Tagen. Auch der kleine Krieger hatte ein schlechtes Gewissen. Das Unterfangen hätte seinem Freund das Leben kosten können. Sie waren unnötige Risiken eingegangen, des Abenteuers und des Reichtums wegen. Nie wieder wollte er so handeln. Vor seinem geistigen Auge sah er den Geist noch einmal in einem gleißenden Inferno vergehen. Die danach herrschende Dunkelheit, nur durchbrochen von den herab brennenden Lagerfeuern der Grimmschis und der nachlassenden Glut des ausgebrannten Festungsturmes, brachte den Augen der Freunde nur sehr wenig Erholung. Es dauerte viele Stunden, bis die kleinen nachhallenden Funken vor ihrem Blick endgültig erloschen.
"Es tut mir leid, was ich da angerichtet habe, Ka", begann Hutzel. "Ich wollte nicht, dass dir etwas zustößt. - Wir brechen bald auf in feuchtere Gefilde, wo du dich wohler fühlst." Hutzel wusste nichts mehr zu sagen.
Unweit durchstöberten Feeial und Rotan die rußigen Überreste des Turmes. Rotan trat mit seinem Fuß gegen etwas, was aus der Ferne wie eine geschwärzte Kiste ausschaute.
Keinfussabhand schmiegte sich gegen den kleinen Krieger und schloss die glühenden Augen. Ja, das Abenteuer und der Kampf gegen den Geist hatten ihn sehr mitgenommen. Aber der Verlust seines Freundes wäre ihm noch viel schwerer gefallen.
"Hmpf", machte er, während er sich noch enger an den kleinen Krieger lehnte.

Ende

Quelle: Der kleine Krieger

[ mn ]


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DER KLEINE KRIEGER
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