Startseite
Kreativ-Ecke
Fiction Zone
Webcomics
Netz-Report
Aktionen
Rezensionen
Roman
Comic
Film
Infos
Impressum
FAQ
Startseite » Fiction Zone » DER KLEINE KRIEGER » Geisterjagd #07

DER KLEINE KRIEGER: Geisterjagd #07


Rotan hatte die Führung übernommen. Noch nie in seinem ganzen Zusammensein mit den kleinen Freunden hatte er einen solchen Schrei aus der Kehle des rothaarigen Kriegers vernommen. Er musste sich in wirklicher Gefahr befinden. Getrieben von größter Sorge rannte er die Stufen empor und ließ erstmalig sogar die Vampirelfe weit hinter sich. Er nahm die letzte Krümmung der Wendeltreppe und geriet in den kleinen Vorraum des Turmzimmers, wo sich ihm ein Bild bot, welches er für den Rest seines Lebens nie wieder vergessen würde.

Im Zentrum des Raumes gleißte ein helles Licht, in dessen Innerem sich ein aufgeregter Geist um die eigene Achse drehte. Fast meinte man einen irren Tanz zu sehen, doch ein Blick in das verzerrte Gesicht des untoten Kriegers offenbarte das nackte Grauen. Strahlen weißen Lichts brachen dem Geist aus Augen und Mund hervor, gelbe Blitze und bläulich schimmernde Funken irrlichterten auf dem durchscheinenden Knochenschädel, während ein Walddämon um sein linkes Bein gewunden tief in selbiges hinein biss. Rotan konnte nicht umhin, die Szenerie ehrfürchtig zu betrachten. Da krachte die heranhastende Feeial in seinen Rücken, nur um im gleichen Augenblick des merkwürdigen Kampfes ansichtig zu werden.
Dort, wo die Zähne des Walddämonen durch die Beinschiene des Geistes drangen, glänzten weitere Lichtstrahlen, wurden verblichene Knochen sichtbar. Der Gardan'Gre brüllte! Das Grün von Keinfussabhands schleimiger Haut gewann einen milchigen Farbton. Ob dieser Zustand gut oder schlecht war, entzog sich der Kenntnis der beiden Krieger, die erst jetzt den kleinen Gefährten am Boden liegen sahen. Dieser versuchte sich aus seiner misslichen Lage zu befreien, denn noch immer ragte das Holzstück aus seinem verletzten Bein.
Feeial löste sich aus ihrer Erstarrung. Rücksichtslos hieb sie Rotan mit der flachen Hand gegen die Schulter, so dass auch dieser wieder seine Fassung zurück gewann. Eilig liefen die beiden zu dem kleinen Krieger.
Rotan kniete sich neben Hutzel. "Das wird sehr weh tun!" rief er gegen das Geschrei des Geistes an. Er packte Oberschenkel und Fuß des kleinen Kriegers und zerrte mit einem gehörigen Ruck das Bein von dem hölzernen Stachel. Der kleine Krieger ließ es mit sich geschehen. Gemeinsam mit Feeial hob er Hutzel hoch und legte sich den Freund über die Schulter. Erst danach wurden sie des Geschehens hinter ihrem Rücken erneut gewahr.

Inzwischen bewegte sich der Geist immer rasender. Er stürmte gegen die Mauern des Turmes an. Keinfussabhand schlug gegen die Wände, ignorierte jedoch jeglichen Schmerz. Kurz nur löste sich sein Maul von dem Bein, bevor er an anderer Stelle ein weiteres Mal seine Zähne in die Wade schlug. Der Gardan'Gre lief in das Turmzimmer. Dort stürzte er über die Schatztruhe, rollte sich ab und rappelte sich erneut auf. Er versuchte den Walddämonen zu packen, aber dort, wo er lediglich in die Nähe der schleimigen Haut kam, stieg beißender Qualm von seinen Handflächen auf.
Die Freunde folgten den Kämpfenden in den anliegenden Raum. Fasziniert, aber auch mitleidlos, verfolgten sie, wie der Walddämon mit seiner Hand die Schiene vom Oberschenkel des Geistes riss und die Stacheln seines Schwanzes sich ein ums andere Mal durch die Hose des Gegners bohrten und ihm tiefe Wunden zufügten. "Mögen die Götter uns schützen!" rief Feeial. "Er blutet blaues Blut. Der Geist blutet!"
"Wir müssen Ka helfen!" entgegnete Rotan.
"Er braucht unsere Hilfe nicht", flüsterte Hutzel ungehört. "Nichts kann ihn jetzt noch aufhalten."

Keinfussabhand gestattete sich keine Pause, noch löste er sich von diesem Feind. Ungerührt der Schreie des Geistes biss und stach er zu. Beide wirbelten sie herum, brachen Steine aus den Mauern. Staub vernebelte die Sicht zeitweise, aber die Richtung des Kampfes wurde deutlicher. Die Kontrahenten näherten sich dem Fenster des Turmzimmers unbeirrt. Dort musste der Kampf enden, denn verlassen konnte der Geist das Innere des Gemäuers nicht.
Doch die Beobachter des Kampfes irrten.
Ein Schritt, noch ein Schritt und noch ein Schritt brachten den Geist des Gardan'Gre an die Öffnung heran. Der Geist griff nach der Wand aus. Endgültig verlor er das Gleichgewicht, als er seine offensichtliche Furcht überwand und es doch noch einmal versuchte, den Walddämonen von seinen Bein zu zerren. Bevor Feeial, Rotan und Hutzel sich versahen, stürzten Geist und Keinfussabhand kopfüber durch die Fensteröffnung und verschwanden in der Tiefe.

***

Die Gruppe der Grimmschis beobachtete voller Befriedigung, wie das Feuer im unteren Teil des Turmes aufloderte. Die Flammen fraßen sich durch das knochentrockene Holz der zerbrochenen alten Balken. Der Rauch des Feuers stieg durch den Schacht der Wendeltreppe empor.
Binnen kurzem würden die Eindringlinge des Feuers gewahr werden. Sie würden entweder ihren Weg durch das Feuer suchen und durch den Eingang den Weg ins Freie suchen oder durch die Durchbrüche im Mauerwerk eine Flucht erwägen.

Der Anführer fletschte die Zähne. Grimmschis waren nicht dumm, sollten die Feinde auch überzeugt sein, sie überlisten zu können. Nichts war gefährlicher in dieser Welt als ein Grimmschi, der eine Beute erspäht hatte und diese stellen wollte.

Wird fortgesetzt.

Quelle: Der kleine Krieger

[ mn ]


«Zurück | Seitenanfang

DER KLEINE KRIEGER
FRAGMENTE
GURKENTRUPPE
SATIRE

Im Zeichen des roten Sessels

Werbung