SCIENCE FICTION:
Eden 09 - It’s an Endless World!

Verlag:
Egmont Manga & AnimeHeft-Nummer: 9
Ausgabe: Taschenbuch
Erschienen: 12 / 2004
ISBN: 3-89885-107-9
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Marihan: "Vor 23 Jahren, in den Zeiten des Umbruchs, trennte die EU die Türkei ab und gründete zusammen mit den USA die Föderation Propatria."
Die Überwachungsstation einer Pipeline. Terroristen aus Kasachstan und Kirgisien haben sich der Kontrollen bemächtigt und Geiseln genommen. Ihr Vorgehen richtet sich direkt gegen die chinesische Regierung, die versuchen, Kasachen und Kirgisen die chinesische Lebensart aufzuzwingen. Bald schon finden sich Sonderkommandos ein, die dem terroristischen Akt ein Ende setzen wollen.
Cyborgs machen sich auf den Weg.
Und ein japanischer Elitesoldat namens Kenji hat den Auftrag, die Anführerin der Terroristen, Marihan, zu retten.
Eine Welt, der unseren so ähnlich und doch so anders – aber gerade die Ähnlichkeiten machen diesen Manga so erschreckend.
Die Terroristen in diesem Comic-Band haben eine absolut nachvollziehbare Motivation. Ihr Heimatverlust ist offensichtlich, ihre Verzweiflung angesichts der Unterdrückung in ihrem Land durch die Chinesen ist keine Illusion und auch keine Vorspiegelung falscher Tatsachen. Marihan, die Anführerin der Terroristen, will Gewalt bewusst vermeiden. Ihr primäres Druckmittel sind nicht die Geiseln, die sie um jeden Preis am Leben erhalten möchte, sondern die Öl-Pipeline, die den Machthabern wichtiger ist, als alles andere. Natürlich gibt es die Gegensätze in den Reihen der Terroristen, jene, die über Leichen gehen wollen, denen die Sympathie der Öffentlichkeit egal ist, die Rache wollen. Leider bekommen sie ihre Chance, als die Situation eskaliert, eben zu jenem Zeitpunkt, als beide Seiten auf die Geiseln keine Rücksicht mehr nehmen – und es eigentlich auch nie vorhatten.
Der Realismus des Szenarios ist sehr groß, denn die technischen Errungenschaften dieser Science Fiction Geschichte ordnen sich der Handlung absolut unter. Nach ungefähr einem Drittel der Geschichte gewinnen sie zwar an Bedeutung, doch nur um das Horrorszenario umso stärker herauszuarbeiten.
Was mit einer Geiselnahme in großem Rahmen beginnt, wie sie aus zahlreichen Fernsehübertragungen der letzten Jahre bekannt sind, wird bald zu einem wahren Schlachtfest. Ein Killerkommando aus Cyborgs nimmt sich der Angelegenheit an und dringt in den Komplex ein. Wer entsprechende Chips unter der Haut implantiert hat, wird von den Cyborgs verschont, alle anderen werden getötet, Terroristen wie Geiseln.
Was Autor und Zeichner Hiroki Endo hier zu Papier bringt, ist ohne Zweifel ab 18. Es fliegen alle nur denkbaren Körperteile von Blutfontänen begleitet durch die Gegend, Kugeln durchschlagen Körper – und trotzdem handelt es sich dabei nicht um Selbstzweck. Eine Live-Übertragung durch Fernsehanstalten – wenige Sekunden nur, bevor die technische Kriegsführung, die Übertragung durch die Terroristen stoppt – veranschaulichen den Schrecken der so genannten zivilisierten Menschen, die ansonsten von solchen Schrecken verschont bleiben.
"Irgendwann wird die Wirtschaft wieder besser laufen, so sagte man. Und so schlug man sch solange als freier Mitarbeiter oder eben als Arbeitsloser durch. In so einer Zeit klangen Worte wie Globalisierung oder IT-Gesellschaft noch hoffnungsvoll."
Autor Hiroki Endo über die 90er Jahre.
Endos Sicht der Dinge, auf allen Ebenen, menschlich, gesellschaftlich, wirtschaftlich, ist derart pessimistisch, dass einem bei diesem Manga das kalte Grausen packt. Letztlich macht er nichts anderes als die Wirklichkeit zu überspitzen. Geld ist Macht und zieht im Hintergrund an den Fäden (natürlich gibt es da menschliche Strippenzieher, aber selbst die wirken wie Marionetten). Der Mensch ist nichts. Ganze Dörfer werden von der Oberfläche getilgt, effizient und gnadenlos. Ob Mann, Frau oder Kind, der wird erschossen, verbrannt, in die Luft gejagt – von Terroristen? Nein, auch von staatlicher Seite, und das nur, weil sich einige Terroristen dort versteckt hielten.
Dazwischen bewegt sich Kenji, inzwischen ein Elitesoldat, der eine einzige Person aus dem Inferno rettet, weil sie dank ihres charismatischen Auftretens noch gebraucht werden kann. Weitere Strippen, an denen gezogen werden kann. Kenji ist ebenfalls eine Marionette, er weiß das. Er weiß auch, dass er seit seiner Jugend benutzt wurde, zusammengeschlagen, vergewaltigt wurde, er nun die Gelegenheit erhält, Gleiches mit Gleichem zu vergelten.
In dieser Geschichte ist niemand liebenswert, selbst Marihan nicht, die in die Rolle einer Märtyrerin gesteckt wird. Trotzdem kann man diesen Manga nicht zur Seite legen, bevor nicht die letzte Seite gelesen ist.
Die zeichnerische Ausführung ist perfekt. Perspektiven, Ansichten von Personen, Landschaften oder Fahrzeugen, da ist wirklich jeder Strich absolut sicher gesetzt. Von Hiroki Endo kann sich so mancher andere Mangaka eine Scheibe abschneiden.
Eine Geschichte für Erwachsene, drastisch und literarisch zugleich, nichts für schwache Nerven und auch nichts für einen leichten Leseabend.
[
mn ]
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